Dezember (FINK Artikel Dezember 2017)

Nergiz EschenbacherHistorie, Psychotherapie

Praxis für Psychotherapie Freising, Nergiz Eschenbacher, Fink-Magazin

Seit Januar 2017 finden Sie unter der Rubrik „Geist und Seele“ im Freisinger Stadtmagazin FINK von mir beantwortete Fragen zu Themen rund um unseren Körper, Geist und Seele. Hier der aktuelle Beitrag im Original zum Herunterladen: http://www.fink-magazin.de/ausgaben/dezember-2017/

„Advent – die Menschen entdecken ihr Herz für den Mitmenschen. Wieso gerade im Advent?“

Die Erhebung vom Deutschen Spendenrat e.V. zeigt, dass vor allem die über 70jährigen und unter 40jährigen die Spitzenreiter beim Spenden im Dezember sind, weil es für sie vor allem ein jährlich widerkehrendes Ritual geworden ist. Dabei sind die bevorzugten Orte vor allem die Kollekte oder von Freunden aufmerksam gemachte Institutionen und Bedarfe. Die unter 40jährigen lassen sich um Anderen etwas Gutes zu tun, immer mehr gerne auch von Hinweisen aus sozialen Netzwerken und das Internet leiten.
Aber, dass die Deutschen nur im Advent ihr Herz entdecken stimmt so nicht ganz. Neben dem vielen ehrenamtlichen Engagement, schafften die Deutschen trotz einem Spendenrückgang im gesamten Jahr 2016 dennoch den zweiten Platz im Vergleich zur Spendenbereitschaft der zehn Jahre zuvor zu erreichen.  Dabei betrug das Spendenvolumen z.B. vom Spendenmonat Dezember im Jahr 2016 im Vergleich zu den restlichen Monaten 23%. Unabhängig davon nämlich ist die Bereitwilligkeit zu geben bei Katastrophen wie beim Tsunami 2005 oder Erdbeben in Nepal (Spendenrekordjahr) 2015 besonders hoch. Allerdings schneiden auch im ganzjährlichen Spenden bei der Gunst des Gebens, die über 70jährigen wieder am besten ab. Hiermit ein adventlicher Appell an uns der jüngeren Generationen doch diesem guten Beispiel zu folgen. Denn eine frühere Studie behauptet, dass „glücklich sein“ dazu verleitet, das Glück mit anderen zu teilen. Zwar ist noch nicht geklärt, was zuerst da war: die Henne „macht Spenden tatsächlich glücklich“ oder das Ei „glücklich sein verleitet zu Spenden“ ist doch einerlei – ebenso in welchem Monat wir uns und andere glücklicher machen wollen.  Es zählt doch immer das wunderbare Motiv unsere Menschlichkeit (in dem für uns möglichen Rahmen) zu leben.

„Alle warten nicht aufs Christkind, sondern auf weiße Weihnachten. Warum? Tut Schnee und Weiß der Seele gut?“

Vielleicht, weil wir es nicht anders kennen, als darauf zu warten. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) wollte es genau wissen und versenkte sich in eigenen Aufzeichnungen und verglich hier die Zahlen von den Jahren 1951 – 1980 mit den Jahren 1981 – 2010 und stellte fest, dass sich die Zahl der Tage mit „Weißer Weihnacht“ nicht groß verändert haben. Es ist weder mehr noch weniger geworden. Beispielsweise gab es in den sechs Jahren von 1956 – 1961 nur zweimal Schnee in Berlin, einmal in Hamburg und viermal in München. Wobei München dasselbe Ergebnis auch von 1998 bis 2003 hatte. Dafür gibt es– natürlich durch den Klimawandel – Abweichungen, wie z.B. dass es in Bayern heute weniger Schnee hat, aber dafür erfreuen sich daran an den Feiertagen nun viele im Westen Deutschlands. Die DüsseldorferInnen können sich sogar nun statt alle 15 Jahre sogar alle 7,5 Jahre auf den weißen Puderzuckerguss an Weihnachten freuen.
Dass wir natürlich bei unseren inneren Wunschbildern stark durch mediale wunderbar anmutende Winterlandschaften in Film, Fernsehen und Werbung geprägt werden, verwundert nicht. Neu ist vielleicht, dass dieser Marketinghype bereits in den 1860er Jahren begann.  Die Klimaforscherin Martine Rebetez stellte fest, dass bisher herbstliche Motive für die Weihnachtsgrußkarten, denen mit schneebedeckten und dicken Flocken umrahmten Landschaften plus Weihnachtsmann und Christkind wichen. Inspiriert von den erhaltenen Karten der (ausgewanderten) Verwandtschaft aus dem amerikanischen Neuengland oder der Schweiz (hier lag wirklich immer viel Schnee), wollten die EuropäerInnen und gar die wärmeverwöhnten AustraliereInnen nicht mehr auf diese einladenden Wintermotive verzichten. Mit einer ordentlichen Prise unserer eigenen schönen Erinnerungen an Schneeballschlachten, Schlittenfahrten und großgebauten Schneemännern – den Bildern darüber in unseren alten Fotoalben, das gemeinschaftliche Zusammensein und die Erzählungen von Eltern und Großeltern über ihre weiße Weihnacht, tut sein Restliches um eine Weiße-Weihnachts-Sehnsucht in uns zu verankern. Unser Gedächtnis speichert natürlich Dinge mit einer intensiv (er-) lebten Emotionalität stärker ab, als einen regenverhangenen langweiligen Weihnachtstag. Bei all dieser wohlig winterlich-weihnachtlichen Romantik bedeutete dabei für viele das Glöckchen des Christkindes an Heilig Abend einen Höhepunkt. Und somit warten wir mit dem Schnee auf all diese ineinander verschmolzenen Wohlfühlfaktoren und hoffen auf die von der Farbe Weiß symbolisierte Unschuld, Reinheit, Weisheit, Überirdisches und Harmonie, die der Schnee Hand in Hand mit dem Christkind uns an Weihnachten hoffentlich beschert.

„Jahresende – viele wollen Bilanz ziehen. Ist das sinnvoll? Wie groß ist die Gefahr, das Negative zu sehen und gefrustet zu sein?“

Die Gefahr von Frust besteht, wenn wir das vergangene Jahr rein aus einer Perspektive von „gut/erfolgreich“ und „schlecht/nicht geschafft“ beurteilen. Wählen wir allerdings die Betrachtungsweise, dass wir Menschen, ebenso wie unsere tierischen und pflanzlichen Mitbewohner auf der Erde sind, um zu wachsen und unserer Natur gemäß zu leben und zu sein, könnten wir wesentlich entspannter nicht nur das letzte Jahr, sondern vielleicht sogar die bisherigen Jahre unseres Leben betrachten. Auf den Menschen übertragen hieße das, welche Ereignisse und Begegnungen haben eine seelische, körperliche und geistige Entwicklung herausgefordert? Welche Begebenheiten, Menschen und Anforderungen wurden mir vom Leben präsentiert und wie habe ich diese beantwortet? Was davon konnte ich aufgrund meiner Stärken sehr gut „händeln“? Was davon konfrontierte mich mit noch bestehenden Schwächen, die bearbeitet und überwunden werden wollen/können? Was braucht die Lösung vielleicht noch? In einem Zusammenspiel der Anforderungen des Lebens an uns und unseren eigenen Wünschen können wir so mit jedem Jahr uns und unserer tatsächlichen Natur immer näher kommen. Denn alle Erfahrungen – vor allem natürlich jene, die uns an unsere Grenzen bringen – bringen uns auch, uns selbst näher. Wir sind vielleicht überrascht, was wir alles nicht nur bewältigen können, sondern über die bisher nicht erkannten Talente, die sich in solchen Situationen auch immer gerne zeigen.
Das erklärte Ziel könnte sein uns selbst auf diese Weise immer besser kennen zu lernen, um dann tatsächlich der eigenen Essenz gemäß zu leben. In unseren größten Verletzungen, stecken auch immer unsere größten Talente.
Wir Menschen haben immer Angst vor Veränderung, vor Neuem, vor Anstrengendem, vor Niederlagen – vor dem Scheitern. Aber hätte es das alles nicht gegeben, dann könnten wir heute nicht auf unseren zwei Beinen gehen. Als Kinder haben wir immer wieder versucht aufzustehen. Trotz wackeliger Beine und dem immer wiederkehrenden Hinfallen. Wir haben nicht aufgegeben. Dieses kindliche Wissen und Vertrauen lebt nach wie vor in uns. Es braucht nur noch unsere Entscheidung es freizulegen. Auch in unserer Seele ist das „wachsen wollen“ ein fester Bestandteil und will keinen Stillstand. Vielleicht will dieser sich sogar im Jahr 2018 noch ein wenig mehr zeigen?

Achten Sie gut auf sich!

Herzlichst

Nergiz Eschenbacher